Wer sich näher mit dem Thema Fotografie beschäftigt, begegnet auch heutzutage in Büchern, in Zeitschriften, im Internet immer wieder wunderbaren Bildern, die analog aufgenommen wurden. Nicht nur aus früheren Jahren, als es noch keine digitalen Kameras und „fotografierenden Telefone“ gab, sondern ganz aktuellen Aufnahmen von Fotografen, die sich entweder nie der analogen Fotografie abgewandt oder diese inzwischen wiederentdeckt haben. Auch ich habe wieder Blut geleckt.
Nicht jeder kann das nachvollziehen. Warum analog? Digitale Fotografie bietet viele Vorteile, die ich hier nicht aufzählen muss und sie wird mit aller
Wahrscheinlichkeit immer mein Favorit bleiben.
Doch ist es ein ganz bestimmtes Gefühl meine (gebraucht erstandene) Nikon FE in der Hand zu halten. Es entschleunigt auf eine äußerst angenehme Weise. So war ich an einem verregneten Nachmittag
auf dem Gelände der Ruhr Universität Bochum unterwegs und hatte nur begrenzt Zeit zur Verfügung. Unter diesen Umständen sollte man meinen, es bringt mehr Spaß und ist effektiver, zack zack ein
paar digitale Schnellschüsse zu machen.
Ja, die GX7 hatte ich natürlich auch dabei. Aber das sehr konzentrierte Auswählen des Motivs, der Perspektive, des
Bildausschnitts - das war pure Entspannung!
Analoge Aufnahmen haben in meinen Augen einen besonderen Charme. Technisch häufig nicht perfekt, vielleicht etwas unscharf, mit mehr oder weniger starker Körnung...
Ich mags, sehr sogar!
Und so befand sich im letzten Jahr in Riva del Garda auch die kleine Konika Z up mit einem Agfa APX 100 bestückt in meiner Tasche.
Die Vorliebe für Schwarz/Weiß-Bilder hat einen Nachteil: Die meisten Filme müssen eingeschickt werden und die Entwicklung kann bis zu zwei Wochen dauern. Umgehen lässt sich diese lange Wartezeit allerdings durch die Verwendung des Ilford XP2, der in einem Farbbad entwickelt wird. Und das ist in einem Bochumer Fotolabor ebenso wie die Entwicklung aller Farbfilme erfreulicherweise innerhalb einer Stunde möglich.
Die folgenden Bilder wurden im Wiesental und im Schlosspark in Bochum aufgenommen.
Die digitale Kamera zeigt mir direkt auf dem Display, ob ein Foto halbwegs gelungen ist - analog brauche ich Geduld und die Dienste anderer.
Wie spannend war es daher, im Fotolabor von Jörg Haarmann, einem befreundeten
Fotografen, selber zwei Kodak T-Max 400 zu entwickeln.
...und wie groß die Enttäuschung, als klar wurde, dass die Nikon nur einen Teil des Filmmaterials belichtet hatte und defekt war. So gibt es leider nicht viele analoge Aufnahmen vom letzten
Juisturlaub.
Wie langweilig wäre es, in die Kamera nur einen einzigen Filmtyp einzulegen, also kommen natürlich auch Farbfilme zum Einsatz.
In Bochum, in Düsseldorf, auf Juist, auf der Kirmes, auf der Straße...
Inzwischen ist die Nikon repariert, wie die Bilder weiter oben von der RUB, aus dem Wiesental und dem Schlosspark belegen, und auch Doppelbelichtungen sind nun wieder möglich.
Doch egal, ob Farb- oder Schwarz/Weiß-Film, ob Fremdlabor oder selbst entwickelt... Es macht eine Menge Spaß, analog durch die Gegend zu ziehen, von Passanten teilweise Kopfschütteln, aber auch Interesse und Verständnis zu erhalten, sich mit anderen analogen Fotografen auszutauschen, weitere Filme auszuprobieren, auf die noch lange nicht perfekten Ergebnisse zu warten, demnächst sogar selber Abzüge zu erstellen und die analoge Fotografie wieder neu zu erlernen!
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Andre Kurenbach (Sonntag, 18 Dezember 2016 18:58)
Hallo Sabine,
die Welt ist ein Dorf. Bei der Recherche zur analogen Fotografie lande ich doch glatt auf Deinem Blog. Schöner Beitrag! Wusste gar nicht, dass Du auch noch analog unterwegs bist. Mich hat es auch wieder gepackt und ich werde 2017 mal wieder ein paar Filme belichten. Der Markt ist ja doch recht dünn geworden, so musste ich erstmal schauen, was überhaupt noch zu bekommen ist. Glücklicherweise ist nicht alles, was ich von früher kenne vom Markt verschwunden. Nur die Preise für Material und Entwicklung haben doch merklich angezogen – ein Grund mehr, sich eine gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen. Mir hat das entschleunigte Arbeiten immer sehr gefallen und habe es auch durch die Digitalfotografie niemals ganz ablegen wollen. Analoge Fotografien haben darüberhinaus immer noch diesen besonderen Schmelz. Nicht rasiermesserscharf, je nach Wertigkeit der Optiken eine gnädig weichzeichnende Überstrahlung in den Lichtern. Nie ganz perfekt und gerade darin liegt wohl auch der Reiz begründet. Hach, ich bekomm´so richtig Lust!
Wie behandelst Du Deine Negative? Scannst Du selbst? Habe etwas Sorge, dass durch einen hybriden Workflow die analoge Bildwirkung flöten geht...
Lieben Gruß, Andre